„Kalevala“ von Tilman Spreckelsen
Magischer Norden
Lange Winternächte müssen überbrückt werden und am besten kann man das durch Erzählungen. In Finnland gibt es viele Mythen und Legenden, die von Elias Lönnrot zum Teil im 19. Jahrhundert zusammengetragen werden, ähnlich wie in Deutschland zur Zeit der Romantik von den Gebrüder Grimm die Märchen und von Johann Gottfried Herder das Liedgut. Elias Lönnrot reist für die Sammlung durch das Land, setzt die verschiedenen Facetten zusammen und das Nationalepos Kalevala der Finnen entsteht. Tilman Spreckelsen erzählt in dem gleichnamigen Buch die Sage in gekürzter Fassung nach mit den wichtigsten Charakteren und deren Lebensstationen.
Zu Beginn der Sage wird die Geburt von Väinämöinen erzählt. Vor seiner Geburt ist die Welt laut der finnischen Mythen durch das Zerbrechen eines Ei`s entstanden. Väinämöinen wird bei der Brautwerbung um die Tochter von Louhi zum Gegenspieler von Ilmarinen.
Alle Protagonisten verfügen über Zauberkräfte und machen sich somit das Leben gegenseitig schwer oder sie setzen die Magie ein um gegen dunkle Mächte zu bestehen oder um Aufgaben gelöst zu bekommen wie Lemminkäinen bei der Brautwerbung.
Zwischen den Kapiteln aus der Sage wird eine Reise durch Helsinki beschrieben. Die Reisenden haben sich auf die Spuren des finnischen Nationalerzählers begeben.
Der finnische Erzähler Elias Lönnrot wurde am 09.04.1802 in Sammatti geboren und starb am 19.03.1884. Er war Sohn eines Dorfschneiders, studierte in Turku Geschichte und schloss es „mit einer Arbeit über die mythische Gestalt Väinämöinen“1 ab. Danach studierte er Medizin in Helsinki und beendete es mit der Promotionsarbeit zum Thema „die magische Medizin der Finnen“.1b Im Zeitraum von 1828 bis 1844 unternahm er mehrere Wanderungen nach Karelien und sammelte dort „umfangreiches Material an Volksdichtung“1c. Aus dieser Sammlung verfasste er den Versepos Kalevala und die erste Version erschien 1835 mit 32 Gesängen und 12.000 Versen.
Im Epos Kalevala sind Beschreibungen, die man aus anderen Mythen kennt. Die griechische Mythologie erzählt über ein Windei, dass in den Abgrund des Tartarus gelegt und Phanes geboren wird. Bei den Ägyptern legt Gott Thot ein kosmisches Ei, „das Re enthält, den Sonnenvogel, dessen Wärme die Welt erschafft.“2
Andere Begebenheiten tauchen in der Literatur auf, gegenwärtig vor allem in der Fantasy-Literatur, wie die Nebelinsel in abgewandelter Form in Die Nebel von Avalon von Marion Zimmer Bradley eine zentrale Rolle spielt.
Die Figur Väinämöinen aus Kalevala und seine Weisheit sowie seine Zauberkünste lassen einen an den Zauberer Gandalf aus Herr der Ringe von John Ronald Reuel Tolkien erinnern.
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Die Nacherzählung von Tilman Spreckelsen, der am 28.03.1967 in Kronberg geboren wurde, hat Germanistik und Geschichte in Freiburg studiert, ist in Prosa geschrieben. Er hat die Handlung aus dem Versepos beibehalten, aber es in eine uns geläufige Sprache verwandelt. Zudem konzentriert er sich auf die wichtigsten Begebenheiten, der Handlungsstrang ist für den Leser nachvollziehbar.
Das Buch hat mehrere Illustrationen von Kat Menschik. Die Darstellungen bringen den jeweiligen Inhalt auf den Punkt, sie sind einfach gestaltet und dennoch eindrucksvoll.
Kalevala ist für jeden Fantasy-Liebhaber ein Muss, für das Verständnis der finnischen Literatur hervorragend geeignet und ein guter Einstieg, sich mit dem EU-Land aus dem Norden zu beschäftigen.
Tilman Spreckelsen: Kalevala
Eine Sage aus dem Norden
Nacherzählung
204 Seiten
gebunden
erschien: 12.08.2014
Verlag: Galiani
ISBN 978-3-86971-099-0
Preis: 24,99 € (D), 25,70 € (A)
Filmbeitrag: Kalevala – Auf den Spuren von Elias Lönnrot (Trailer)
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1, b, c Jürg Glauser (Hrsg.): Skandinavische Literaturgeschichte, Verlag J.B. Metzler – Stuttgart – Weimar 2006, S. 419
2 Ami Ronnberg: Das Buch der Symbole, TASCHEN Verlag – Köln, 2011, S. 14
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