Krokodil in der Literatur
Das seltene Vorkommen des Krokodils in der Literatur
Das imposante Tier wie aus ferner Zeit, das Krokodil, findet nur höchst selten den Eingang in die Literatur .
Wortherkunft und Sprichwort
Möglicherweise ist die Namensgebung der Echse auf einen alten Pharao namens Krokodil zurückzuführen, der um 3100 v.Chr. vielleicht regiert hat
.
Die
Metapher
Krokodilstränen
bedeutet
erheuchelte Tränen. Wahrscheinlich stammt
diese Bezeichnung aus
der
griechischen
Mythologie, dass einer alten Legende
nach mithilfe des Jammerns die Opfer angelockt werden
.
1
Allgemein (naturwissenschaftlich)
Krokodile aber auch die Vögel und die ausgestorbenen Dinosaurier stammen von den Archosauriern ab. Während Vögel zahlreiche Arten hervorbrachten, gibt es bei den Krokodilen lediglich 25 Arten und acht bis neun Gattungen
.
2
Man geht davon aus, dass es seit 230 Millionen Jahren Krokodile gibt, einschließlich der Alligatoren, Kaimane und Gaviale. Ernähren tun sich Krokodile von lebender Beute aber auch von Aas. Erstaunlicherweise sind in den knochigen Schuppen empfindliche Nervenfasern, die auch die leiseste Bewegung eines Tieres, meist Fische, wahrnehmen können. Und noch eines ist überraschend: Die Kleinen schlüpfen bei einigen Arten im Maul der Mutter aus ihren Eiern, danach werden sie von ihr ins Wasser getragen und aufs heftigste verteidigt
.
3
Eigentlich kennt man diese Schuppentiere als aggressiv und gefährlich, dass sie eine behutsame Seite haben, traut man ihnen weniger zu
.
Mythologien und Fjodor Dostojewski
In der ägyptischen Mythologie verehrte man das Krokodil Sobek , dass in den aggressiven Gewässern Neith aufwuchs. Dort lernt er das chaotische Herunterziehen seiner Beute und das in Stücke reißen, so wie die Fähigkeiten eines Pharaos sein sollten . 3b Nach außen aggressiv und listig, nach innen sensibel .
Eine mögliche Andeutung eines Krokodils findet man im Buch Hiob :
„ Sein Odem ist wie lichte Lohe, und aus seinem Rachen schlagen Flammen. Auf seinem Nacken wohnt die Stärke, und vor ihm her tanzt die Angst. Die Wampen seines Fleisches haften an ihm, fest angegossen, ohne sich zu bewegen .“ ( Hiob 41, 13 – 15 / Luther-Übersetzung 1984 )
Hierin ein Krokodil zu erkennen, ist am ehesten möglich, wenn die vorherigen Zeilen hinzugenommen werden, wo eindeutig von einem
Drachen die Rede ist. Die stundenlange Bewegungslosigkeit des Krokodils ist legendär, er wirkt so, als sei er am Schlafen, dabei ist er hellwach, registriert genau seine Umgebung und schnappt im richtigen Moment zu, wie in der Erzählung
Das Krokodil
von Fjodor Dostojewski von 1865. Als das Ehepaar Jelena und Iwan Matwejitsch gemeinsam mit ihrem Freund ein Krokodil in Privatgemächern eines zugereisten Deutschen in Petersburg
besichtigen wollen, reizt es den Ehemann, das Krokodil herauszufordern und es schnappt zu. Zunächst ist der Ehemann in voller Panik, doch sobald er komplett das Innere des Krokodils erreicht hat, wird er sehr ruhig, seine Angst verfliegt, denn das Krokodil ist innen hohl. Er weiß die Zeit in dem Krokodil namens Karlchen zu nutzen und entwickelt eine ökonomische Theorie, von der er schon drei Systeme in kurzer Zeit fertig erstellt. Mithilfe dieser Theorie will er die ganze Welt retten
.
Wer hört hierbei nicht schon zwischen den Zeilen die
Unkenrufe: Der Ehemann ist ein Synonym für Karl Marx, sein Begleiter könnte Wilhelm Pieper und / oder Friedrich Engels sein, seine Ehefrau stellt Jenny von Westphalen (Ehefrau von Karl Marx) dar. Das Krokodil ist eine Mischung aus Gefahr und Harmlosigkeit, vor allem ist es ein Objekt des Deutschen, mit dem man Geld verdienen kann. Der Deutsche will nun möglichst viel Geld aus seinem Krokodil samt Inhalt machen, gemäß dem
ökonomischen Prinzip
,
und tatsächlich, die Leute kommen in Scharen und sind bereit, deutlich höhere Eintrittsgelder zu bezahlen. Das Krokodil ist eine Metapher für das Kapital und Kapitalismus. Der Sekretär von Karl Marx, Wilhelm Pieper, pflegte enge Kontakte zu der Familie Rothschild. Anhand
der
Protagonisten
sowie
anhand des Krokodils wird verdeutlicht, dass der Kapitalismus und die Theorie vom Kommunismus hohl sind, ohne tatsächliche Substanz, und dennoch von ihren jeweiligen Anhängern als das strahlende Licht der Wahrheit betrachtet wird, wie es bei Fjodor Dostojewski heißt
.
Dichterkreis und Satirezeitschrift
Am 5. November 1856 gründete der Münchner Dichterkreis
Die Krokodile
. Die Namensgebung geht auf das Gedicht
Das Krokodil von Singapur
, verfasst von Hermann Lingg zurück.
4
In Russland wurde am 4. Juni 1922
zum ersten Mal die
Satirezeitschrift
Krokodil
herausgegeben
.
Sie ist die einzige Satirezeitschrift, die auch während der Sowjetzeit Bestand hatte und nicht verboten wurde
.
5
Krokodil in Kinderbüchern
In Fjodor Dostojewski Spätprosa wird das tierische Verhalten des Krokodils ein Stück weit nachempfunden: es ist aggressiv und unberechenbar. Wenn das Krokodil in Kinderbüchern vorkommt, hat es eine neutrale Stellung wie in Mein kunterbunte Tier ABC von Marcus Pfister und in Leopold und der Fremde von Stephan Brülhart. Im letztgenannten Kinderbuch ist das Krokodil Konrad dem Jaguar Leopold gleichgestellt. Die Themen im Bilderbuch von Stephan Brülhart sind Freundschaft, Akzeptanz und Vorurteile, naturwissenschaftliche reale Verhaltensweisen der beiden Tierarten spielen hierbei keine Rolle. Deshalb kann man von Neutralität sprechen .
M arcus Pfister verfasste den lapidaren Zweizeiler über den Alligator mit den Worten:
„
Er schlägt mit seinem Schwanz herum
und
seine Zähne sind ganz krumm
.“
(aus: Marcus Pfister: Mein kunterbuntes Tier ABC, NordSüd Verlag
2013
)
Auch hier werden die unheimlichen Verhaltensweisen der großen Echse nicht weiter benannt, und bleibt ebenfalls neutral .
Wieso kommt das Krokodil nur selten in der Literatur vor?
Im Vergleich zu einigen anderen Tieren wie dem Elefanten, Löwe, Tiger, Affe, Katze, Hund und Maus spielt das Krokodil in der Literatur nur selten eine Rolle. Warum hat das Krokodil einen so geringen Stellenwert in der Literatur
?
In
Fabeln
könnte
es hervorragend eingesetzt werden oder wie bei Fjodor Dostojewski als
Allegorie
.
Eine mögliche Erklärung wäre, dass diese Tiere weniger ästhetisch anziehend sind als ein Löwe oder Affe. In Zoos wird nur von sehr wenigen Besuchern das Gehege des Krokodils als erstes angesteuert. Sie sind nicht gerade eine Ausgeburt von Schönheit, liegen stundenlang herum, es geschieht also nichts und sind dennoch unberechenbar. Auch im Zirkus hat die Echse keine Verwendung gefunden, zu eigenwillig, zu wenig dressierbar. Das Tier tritt nur selten in unserer Wahrnehmung in Erscheinung. Das könnte eine mögliche Erklärung sein, weshalb das Krokodil nur selten in der Literatur anzutreffen ist
.
–
Magdalena Schwarz
–
©
read MaryRead 2016
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1
Vgl. Der Sprach-Brockhaus. Deutsches Bildwörterbuch für jedermann, Eberhard
Brockhaus – Wiesbaden 1952 (6), S. 374, Sp
.
1
2
(
₪
):
Vgl. Wikipedia
:
Krokodile
,
zuletzt besucht am 03.08.2016
3
,
b
Vgl
.
Ami Ronnberg: Das Buch der Symbole, Taschen Verlag – Köln 2011, S. 200
4
Vgl.
Hg.: Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff: Metzler Lexikon Literatur, Verlag J. B. Metzler, Stuttgart – Weimar, 2007 (3), S. 517
,
Sp. 1
5
(
₪
):
Vgl. Wikipedia
:
Krokodil
(
Zeitschrift
),
zuletzt besucht am 03.08.2016