Theodor Fontane: Guter Rath

 

Guter Rath

An einem Sommermorgen
     Da nimm den Wanderstab,
Es fallen deine Sorgen
     Wie Nebel von dir ab.

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Des Himmels heitere Bläue
     Lacht dir ins Herz hinein,
Und schließt, wie Gottes Treue,
     Mit seinem Dach dich ein.

Rings Blüten nur und Triebe
     Und Halme von Segen schwer,
Dir ist, als zöge die Liebe
     Des Weges nebenher.

So heimisch alles klinget
     Als wie im Vaterhaus,
Und über die Lerchen schwinget
     Die Seele sich hinaus.

– Theodor Fontane –

Das Gedicht „Guter Rath“ ist Gemeinfrei.

Wenn alles über einen zusammenbricht …

Legendär ist die notorische Unzufriedenheit von Theodor Fontane, wenn es sich um Literaturkritiken an seinen Werken handelt. Am 10. Januar 1850 wurde die Besprechung über den Romanzenzyklus „Von der schönen Rosamunde“ in der Morgenausgabe der Berliner Nationalzeitung veröffentlicht. Geschrieben hatte „Von der schönen Rosamunde heißt ein artiges Gedicht …“ sie Theodor Mügge,1 sein Urteil fiel positiv aus. Darüber hinaus wurde von Seiten der Zeitung unter die Besprechung drei Gedichte von Theodor Fontane abgedruckt, „Guter Rath“, „Der erste Schnee“ und „Das Fischermädchen“. Gibt es eine schönere Auszeichnung? Für Theodor Fontane offenbar schon. In einem Brief äußerte er sich einen Tag vor der Veröffentlichung der Rezension gegenüber Wilhelm Wolfsohn abschätzig und schrieb „solche Kritik ist wie wenn Einer ausspuckt“.2a Vielleicht ist es zu kurz gedacht, wenn man ihm am liebsten zurufen würde, nimm dein Gedicht „Guter Rath“ für dich in Anspruch.

Verfasst hatte Theodor Fontane sein Gedicht „Guter Rath“ zwischen Ende August und Anfang September 1849.2b Einiges spricht dafür, dass es ihm im Vorfeld nicht besonders gut ging, schon allein die politische Situation in Preußen bzw. in Deutschland hatte ihm sicher nicht gefallen. Er stand den Ideen der Revolution nahe, er begrüßte es, als es 1848 zu Barrikadenkämpfen kam. Für den Revolutionär und Dichter Georg Herwegh schwärmte er. An der Revolution selber hatte er sich jedoch nicht beteiligt, dennoch wünschte er sich Veränderungen.3a Die kamen dann aber nicht, stattdessen beschnitt man die Abgeordneten der Nationalversammlung der Paulskirche in Frankfurt am Main zusehends.
     Nach seiner Apothekerausbildung fand er eine Anstellung in Bethanien, doch dort wurde er bald nicht mehr gebraucht. Anfang März 1849 wurde er vom Dresdner Amt auch noch darüber unterrichtet, dass er ein Kind hätte2c (das zweite schon), wofür er Alimente zahlen musste. Verheiratet war er zu dem Zeitpunkt noch nicht, mit seiner zukünftigen Gattin war er aber verlobt, von ihr waren aber nicht die beiden Kinder. Im Sommer hätte er eine Apotheke kaufen können, wenn er das nötige Kleingeld dafür gehabt hätte.3b
    
Kurzum: Ihm wuchs alles über den Kopf. Kein Wunder, dass er in seinem Gedicht „Guter Rath“ von einer Wanderschaft spricht, welche Erleichterungen diese mit sich bringen kann.

In den vier Strophen wird erkennbar, was einem Geborgenheit geben kann. Der blaue Himmel, der sich wie ein Dach über einem wölbt, kann Schutz bieten, zwar nur von oben (von einem Haus ist nicht die Rede, das für einen rundum Schutz sorgen könnte), aber immerhin. Die Flucht in die Natur, so beschreibt es Theodor Fontane in der dritten Strophe, kann einem Segen und Liebe bieten, freilich eine Illusion, wie die ersten beiden Zeilen der vierten Strophe verdeutlichen. Nichtsdestotrotz kann es der Seele dennoch gelingen, sich von allem zu befreien, die dann so leicht wird, dass sie nicht nur singt („Lerche“) sondern sich höher erheben kann als ein Vogel.
     Theodor Fontane beschreibt in seinem Gedicht ein Phänomen, das von etlichen Wanderern und Pilgern ähnlich benannt wird. In der jüngeren Vergangenheit war es Hape Kerkeling, der in seinem Reisebericht „Ich bin dann mal weg“ etwas sehr ähnliches beschreibt. Acht Jahre nach dem erscheinen des Reiseberichts zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück.

Theodor Fontane hatte im Sommer 1849 keine Möglichkeit gehabt, sich auf Wanderschaft zu begeben, die Sorgen drückten ihn nieder, zuweilen dachte er an Auswanderung nach Amerika,3c seine finanzielle Situation war prekär. So übel, dass er es nicht wagte, Freunde einzuladen, da er seiner Ansicht nach sie nicht ausreichend hätte bewirten können.2d Es musste dringend etwas geschehen.
     Sein Gedicht „Guter Rath“ schickte er am 3. September 1849 an Bernhard von Lepel, doch dieser schien nicht ganz von den 16 Verszeilen überzeugt gewesen zu sein, er rät ihm im Brief vom 26. September dazu, bei der nächsten Eröffnung der Tunnel-Sitzung (gemeint ist die literarische Gesellschaft „Tunnel über der Spree“) das Gedicht „Tut Buße!“ vorzutragen.2e Offenbar sah das Theodor Fontane anders und er sollte Recht behalten. Auf der Sitzung am 30. September, trug er das Gedicht „Guter Rath“ vor, die Mitglieder bewerteten es mit „Akklamation“,2f  was einem Ritterschlag nahe kam, es war die höchste Auszeichnung, die man in der Gruppe für einen Vortrag bekommen konnte. Sicherlich war das für ihn Balsam für die Seele. Er bemühte sich, sein Gedicht zu veröffentlichen. Am 19. Oktober 1849 bat er Gustav Schwab um Unterstützung für die Veröffentlichung eines Gedichtbandes beim Cotta Verlag und legte ihm unter anderem dieses Gedicht bei.2g Zwei Monate später bekam er von jemand ganz anderem Unterstützung. Die Schriftstellerin Fanny Lewald teilte ihm am 22. Dezember mit, dass sie die Gedichte „Guter Rath“, „Der erste Schnee“ und „Das Fischermädchen“ an Theodor Mügge von der Nationalzeitung zugesendet hat.2h Nicht nur, dass der Einsatz von Fanny Lewald zum Erfolg wurde, das Gedicht wurde 1851 sowie 1898 in dem jeweiligen Band „Gedichte“ von Theodor Fontane nochmals veröffentlicht.

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Gedichte

Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg
Meine Reise auf dem Jakobsweg
Reisebericht, mit 35 Fotos und einer Karte
Taschenbuch
368 Seiten
Format (H x B x T): 191 x 120 x 28 mm
Gewicht: 261 g
erschien: 13.03.2009
Verlag: Piper
ISBN 978-3-492-25175-4
Preis: 11,00 € (D), 11,40 € (A)

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Einzelnachweise:

1: Archiv (): Theodor Fontane, zuletzt besucht am 20.06.2019

2: Vgl. Roland Berbig (): Theodor Fontane. Chronik, Walter de Gruyter – Berlin, New York – 2000, zuletzt besucht am 30.03.2019
2a: S. 190
2b: S. 172
2c: S. 160
2d: S. 168
2e: S. 173 f.
2f: S. 174
2g: S. 177
2h: S. 187

3: Vgl. Helga Bemmann: Theodor Fontane, Ullstein Buchverlage – Berlin 1998
3a: S. 36
3b: S. 78
3c: S. 79


21.
Aug. ´19

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