Wilhelm IX.
geboren: 22.10.1071 in Poitiers
gestorben: 10.02.1127 in Poitiers
altfranzösischer Dichter (Troubadour), Herzog von Aquitanien, Graf von Poitiers, Vasall der französischen Krone
1aa
Der erste Troubadour der Geschichte
Wilhelm IX., zuweilen wird er auch Wilhelm der Troubadour
2
oder Wilhelm von Aquitanien bezeichnet, ist in erster Linie Graf bzw. Politiker, der zweimal die Grafschaft Toulouse unter seine Herrschaft bringt (1098 und 1112), der sich am Ersten Kreuzzug gegen die Sarazenen beteiligt.
1ab
Für die französische Literaturgeschichte ist er bedeutsam, da er nicht nur als der erste
Troubadour
gilt
3
sondern wohl auch deren Förderer ist, zugleich ist er der Großvater von
Eleonore von Aquitanien, die ebenfalls etliche Dichter unterstützt.
Jedoch sollte man sich nichts vormachen, Informationen über ihn sind dürftig. Drei seiner Zeitgenossen sind namentlich bekannt: Orderic Vidal, Wilhelm von Malmesbury und Geoffroi le Gros. Sie alle beschreiben ihn als eine hervorragende Persönlichkeit, der sich wenig um gesellschaftliche Konventionen kümmert, der den Zeitgeist ziemlich exakt einfängt und damit Erfolg hat.
4aa
In seinen elf überlieferten Texten / Liedern sind alle wesentlichen Elemente der Trobadorlyrik enthalten. 5 Man kann sich glücklich schätzen, dass überhaupt noch elf Lieder von ihm existieren, zugleich liegt hierin die Problematik, es reicht im Grunde nicht aus, um eine umfassende Interpretation zu verfassen und somit gibt es zahlreiche Ansätze aber kaum eine umfassende „Lösung“.
Seine überlieferten Gedichte 6 : (sämtliche Anmerkungen zu den Gedichten sind der Dissertation entnommen 4ba )
– Lied 1: Companho faray un vers [qu’er] covinen
– Lied 2: Compaigno, non puosc mudar qu’eo no m’effrei
– Lied 3: Companho, tant ai agutz d’avols conres
– Lied 4: Farai un vers de dreit nien
– Lied 5: Farai un vers pos mi sonelh
– Lied 6: Ben vueill que sapchon li pluzor
– Lied 7: Pos vezem de novel florir (wird den „höfischen“ Liedern zugeordnet)
– Lied 8: Farai chansoneta nueva (hierbei sind sich die Literaturwissenschaftler nicht einig, ob es tatsächlich von Wilhelm IX. stammt)
– Lied 9: Molt jauzens mi prenc en amar
– Lied 10: Ab la dolchor del temps novel (Kanzone, wird häufig als eines der reinsten Liebeslieder von Wilhelm IX. benannt)
– Lied 11: Pos de chantar m’es pres talenz (wird häufig als „Bußlied“ interpretiert)
MEHR ZUM THEMA
:
> Biografie: Chrètien de Troyes > Literaturlexikon: Artusdichtung |
Seine ersten vier Lieder sind von ihrem metrischen Aufbau her recht ähnlich, wobei das dritte Lied kürzer ist als die ersten beiden. Das vierte Lied stellt das berühmteste in der Trobadordichtung dar. Es wird als „Rätseldichtung“ bezeichnet.
4bb
Beim sechsten Lied betont der Dichter, dass er daran sehr ausgiebig gearbeitet hat, es ist ein regelrechtes Kunstwerk, worin sein beherrschen der dichterischen Handwerkskunst zum Ausdruck kommt.
4ca
Im folgenden Kurzen Beitrag kann man sich einen Eindruck von dem Lied „Companho faray un vers [qu’er] covinen“ verschaffen:
Trotz das man über den ersten Troubadour in der Literaturgeschichte so wenig weiß, so wird immerhin sein Zusatzname Kennzeichen einer ganzen Epoche, dass nicht nur in Frankreich Nachahmer finden wird, sondern auch in Deutschland mit den Minnesängern.
Mehr von der Autorin
Silke Lange
:
|
– Silke Lange –
© read MaryRead 2017
Home > Ankerlichtung > Lebensbilder > Wilhelm IX.
Einzelnachweise :
1aa , 1ab : Diether Krywalski: Knaurs Lexikon der Weltliteratur. Autoren – Werke – Sachbegriffe, Lizenzausgabe des Deutschen Bücherbundes – Stuttgart – Hamburg – München 1979, S. 807 f.
2 : Régine Pernoud: Königin der Troubadoure, Deutscher Taschenbuch Verlag – München 1979, S. 19
3 : Karin Becker (Hg.: Jürgen Grimm): Französische Literaturgeschichte, J.B. Metzler Verlag – Stuttgart, Weimar 2006 (5), S. 49
4aa
(
₪
):
Maria Stasyk:
Sprache und Werke von vier Trobadors im Licht der Forschung unter besonderer Berücksichtigung fremdsprachlicher und dialektaler Einflüsse
, Dissertation – Universität Siegen 2007, S. 20 (pdf), zuletzt besucht am 08.08.2017
4ba
,
4bb
:
ab S. 26
4ca
: S. 37
5 : Hg.: Dieter Burdorf, Christop Fasbender und Burkhard Moenninghoff: Metzler Lexikon Literatur. Begriffe und Definitionen, Verlag J.B. Metzler – Stuttgart – Weimar, 2007 (3); S. 783
6 : Zum nachlesen in Originalsprache ( ₪ ) : Gedichte von Wilhelm (in französischer Sprache), zuletzt besucht am 08.08.2017
Weiteres :
Gedicht
:
Langbein, August Friedrich Ernst:
Zuneigung
Des Menschen Singemeister waren / Die Vögel schon im Paradies. / Der Waldgesang der luft’gen Schaaren / Klang unserm Ahnherrn wundersüß. // Das muß dir, dacht‘ er, auch gelingen! / Versuchend traf er manchen Ton; / Und so vererbte sich das Singen / Vom …
mehr >
eingestellt am 04.09.2017
ANZEIGE: |
Nominierungen
:
Shortlist Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2017 Im vergangenen Jahr erhielt Heinz Strunk für seinen Roman „Der goldene Handschuh“ eines der renommiertesten Literaturpreise Deutschlands. Die Preisverleihung findet am 5. November 2017 im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig statt. Gestiftet wird … mehr > von Johannes Tulpen / 28.08.2017
R
ezension
:
|
Bordbuch
:
Peter Härtling Blick hinter die Tür Wenn man über einen Menschen sagen darf, dass er ein erfülltes Leben hatte, so kann man es über Peter Härtling ganz bestimmt behaupten. Als Sohn eines Rechtsanwalts wurde er 1933 in Chemnitz geboren, 1946 … mehr > von Johannes Tulpen / 13.07.2017 / Nachruf
K
orsaren-Anthologie
:
|