Vorsicht ansteckend
Wer kennt nicht die Tage, an denen man so richtig schlechte Laune hat. Aber darf man die jeden spüren lassen? Auf diese Frage gibt Moritz Petz in seinem Bilderbuch „Der Dachs hat heute schlechte Laune“ eine Antwort und die fällt, sofern man möchte, in acht Sprachen aus ( siehe unten ).
Der Dachs gehört zur Gattung der Marder, ist ein nachtaktives Tier, frisst alles und lebt in Erdbauten mit zahlreichen Ausgängen. Sein Kopf ist schwarz-weiß gestreift
.
1
Das charakteristische Merkmal des schwarz-weißen Kopfes wird von der Illustratorin Amélie Jackowski in den Darstellungen miteinbezogen, sodass ein realistisches Bild entsteht. Neben dem charakteristischen Kopf ist der Dachs ansonsten eher als ein tollpatschiger Bär gemalt. Diese Tollpatschigkeit des Dachses ist auch in der Handlung zu lesen, denn ohne Rücksicht auf die anderen Tiere, steckt er sie alle mit seiner schlechten Laune an.
Die übliche Verwendung des Dachses in der Literatur als Synonym für Geiz
2
ist in diesem Bilderbuch nichts davon zu finden, ganz im Gegenteil, als er ein Fest zur Wiedergutmachung gibt, ist er großzügig.
Der Dachs wacht am Morgen mit schlechter Laune auf und beschließt, dass jedes Tier, das ihm begegnet, seine unangenehme Gefühlslage spüren darf. Gedankenlos steckt er dabei
die anderen Tiere mit seiner schlechten Laune an. Bei allen Tieren kann man anhand deren Gesichtsausdrucks ablesen, wie ihre momentane Gefühlslage ist. Bevor die anderen Tiere, wie der Hirsch oder die Maus dem Dachs begegnen, sind sie noch guter Dinge, doch kaum lässt der Dachs seine schlechte Laune an den anderen aus, verändert sich schlagartig deren Mimik.
Mit sehr einfachen Mitteln gelingt es der Illustratorin
Amélie Jackowski
die Gefühlslage der Tiere zu zeigen, indem sie die Augenstellung der Tiere leicht verändert. Wenn ein Tier lacht, strahlen die Augen, ist es hingegen schlecht gelaunt, sehen die Augen missmutig aus.
Ausschnitt aus dem Bilderbuch
Der Verlauf der Handlung hat dramaturgische Elemente. Zunächst beginnt die
tirozinierte Fabel
mit dem alltäglichen Aufstehen. Sobald der Dachs sein Baumhaus verlässt, infiziert er seine Umgebung mit seiner schlechten Laune. Die Handlung steuert nun auf einen
Wendepunkt zu, dem Dachs wird klar, was er angerichtet hat. Mittlerweile hat er gute Laune, doch allen anderen geht es nicht gut.
Die Dramaturgie wird verstärkt durch die Gegenwartsform, die aus der Sicht des auktorialen Erzählers geschrieben ist. Direkte Reden
und kurze Dialoge, die mal Fragestellungen beinhalten, mal die Befehlsform, machen das Verhalten der Tiere noch deutlicher.
In den
monoszenischen Darstellungen
werden die jeweiligen
T
extpassagen
wiedergegeben. Sie sind auf das Notwendigste reduziert. Das Wenige, das Vordergründige ist hingegen mit einer hohen Genauigkeit gemalt.
Ähnlich wie die Bilder wird auch der Handlungsverlauf nur mit wichtigen Sachverhalten beschrieben, dafür sind die
Dialoge
und
inneren Monologe
in den Vordergrund gerückt. Die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen
Charakteren
werden somit verstärkt im Vordergrund.
Texte und
Illustrationen
geben somit Raum für Phantasie, die jedes Kind individuell füllen kann.
Inzwischen hat sich die Situation umgekehrt: Der Dachs hat gute Laune, die anderen Tiere lassen ihre schlechte Laune nun an dem Dachs aus. In der Dramaturgie ist es der
retardierende Moment
. Der Dachs hält inne, denkt nach und es wird ihm klar, dass man so nicht mit seinen Nachbarn umgehen darf. Für ihn wird aber auch deutlich, dass er was gutzumachen hat und wendet sich an die Amsel
und bittet sie um Hilfe
.
Moritz Petz
hat für dieses
Bilderbuch
Tiere aus unseren heimischen Wäldern gewählt. Es handelt sich dabei um solche Tiere, die Kinder aus anderen
Erzählungen
kennen, wie die beliebte
Maus
, der
Hase
oder der
Fuchs
. Je nach Wohnsituation werden einige Kinder mit dem einen oder anderem Tier wie den Hirsch
zunächst nicht so viel anfangen können, die Amsel ist jedem Kind bekannt. Dem
Protagonisten
– den Dachs – werden jedoch nur die wenigsten Kinder in Natura schon gesehen haben, obwohl auch dieses Tier in unseren Wäldern heimisch ist.
Die Mischung aus bekannten und weniger bekannten Tieren ist eine kluge Auswahl, da
Kinder
auf der einen Seite über etwas Bekanntes vorgelesen bekommen, auf der anderen Seite lernen sie neue Tiere kennen und wollen näheres über diese wissen.
Der Kinderbuchautor veröffentlicht seine Werke mit wechselnden Pseudonymen , wie Moritz Petz. Sein bürgerlicher Name ist Udo Weigelt und wurde am 03.08.1960 in Hamburg geboren. Nach seinem Realabschluss ging er verschiedenen Tätigkeiten nach, machte auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur und schloss daran ein Studium in Germanistik und Geschichte an. Er veröffentlichte er 1998 sein erstes Buch mit dem Titel „Ich bin die stärkste Maus der Welt“.
Dieses wundervolle und nachdenkliche Kinderbuch nimmt eine alltägliche Gefühlslage, zeigt mithilfe der Tiere was geschehen kann, wenn man bestimmten Emotionen freien Lauf lässt. Mit Fingerspitzengefühl wird so den Kindern vermittelt, wo die Grenzen im eigenen Verhalten liegen.
– Christine Weber –
©
read MaryRead
In folgenden Sprachausgaben erhältlich:
Deutsch – Englisch : Badger′s in a Bad Mood! / 978-3-19-729596-1
Deutsch – Französisch : Le blaireau est de bien mauvaise humeur aujourd′hui / 978-3-19-739596-8
Deutsch – Griechisch : Ο ασβός έΧει σήμερα κακή ζιάθεση! / 978-3-19-749596-5
Deutsch – Italienisch : Oggi il tasso ha la luna storta! / 978-3-19-759596-2
Deutsch – Russisch : У барсүка сегодня плоҳое настроение! / 978-3-19-769596-9
Deutsch – Spanisch : ¡El tejón está hoy de mal Humor! / 978-3-19-779596-6
Deutsch – Türkisch : Porsugun Bugün Keyyfi Yok! / 978-3-19-789596-3
Moritz Petz:
Der Dachs hat heute schlechte Laune
Illustration: Amélie Jackowski
mit mp3-Hörbuch als Download in 8 Sprachen
Bilderbuch
28 Seiten /
gebunden
Alter:
ab 4 Jahre
1. Auflage einsprachig: 2004 (
NordSüd Verlag
)
1. Auflage zweisprachig: 16.02.2015
Verlag:
Edition bi:libri
Preis: 15,99 € (D), 16,50 € (A)
1
Vgl. Das aktuelle Universallexikon in 8 Bänden, Lingen Verlag – Bergisch Gladbach 1994, Bd. 2, S. 383, Spalte 2
2
Udo Becker: Lexikon der Symbole, Herder Verlag – Freiburg 1998 (7), S. 54, Spalte 1
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