Brief: Martin Luther an Johannes Braun
(20.04.1507)
Dem heiligen und hochwürdigen Priester Christi und Maria, Johann Braun, Eisenachischem Vicar, meinem lieben Freund in Christo.
Gnade und Friede in Christo Jesu unserm Herrn! Ich müßte mich scheuen, trefflichster Freund, eure Liebe mit meinem lästigen Schreiben und Bitten zu beschweren, wenn ich nicht eures gütigen und gegen mich so wohl gesinnten Herzens aufrichtige Neigung ansähe, die ich aus so viel Ursachen und Wohlthaten sattsam erkannt habe. Darum habe ich kein Bedenken gehabt diese Zeilen euch zu schreiben im Vertrauen auf unsre gegenseitige Freundschaft und in der Hoffnung sie mochten bei euch ein günstig Gehör finden. Denn da der ruhmreiche und in allen seinen Werken heilige Gott mich unseligen und ganz unwürdigen Sünder so herrlich erhöht und zu seinem. himmlischen Dienst aus. lauter reicher Gnade und Güte zu berufen gewürdigt hat, so muß ich, daß ich für solche allerherrlichste Güte, wenigstens soviel dem armen Staube möglich ist, dankbar sei, das mir vertraute Amt ganz erfüllen.
Ist demnach auf Verordnung meiner Väter beschlossen, daß ich dasselbige mit Gottes Hülfe am Sonntag in vier Wochen, Cantate genannt, einweihen soll. Denn dieser Tag ist um der Gemächlichkeit meines Vaters willen zur Darbringung und Heiligung meiner Erstlinge vor Gott bestellt. Dazu ich auch eure Liebe demüthig, obwohl vielleicht nicht ohne Kühnheit, einlade. Nicht, daß ich mich um einiger meiner Verdienste um euch, deren ich keine weiß, würdig schätzen sollte, euch mit solcher beschwerlichen Reise zu bemühen und anzumuthen, daß ihr zu solcher meiner armen Niedrigkeit kommen möchtet, sondern weil ich eure Freundlichkeit und Willfährigkeit, da ich kürzlich bei euch gewesen, mehr als jemals verspürt habe. Ihr werdet also, geliebtester Vater, Herr und Bruder, – denn der eine Name gebührt euch Alters und Amtes, der andere des Verdienstes, der letzte aber des Ordens halber – mir die Ehre thun, wo es euch die Zeit und Kirchen- oder Hausgeschäfte zulassen, und hierher kommen, uns mit eurer lieben Gegenwart und Gebet beizustehen, damit unser Opfer vor Gott angenehm sein möge. Zuletzt erinnere ich euch, daß ihr gerade auf unser Kloster zugehet und bei uns eine Zeit verweilet – denn ich hoffe ihr werdet hier wohnen – nicht aber auswärts euch nach anderer Herberg umthut. Aber ihr müßt ein Cellarius, das ist, ein Zellenwohner werden. Gehabt euch wohl in Christo Jesu unserm Herrn. Gegeben aus unserm Kloster zu Erfurt, den 20. April im Jahre 1507.
Bruder Martin Luther von Mansfeld.
Quelle: Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die
Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und
Härtel 1867
Anmerkung:
Mit Johannes Braun pflegte schon der Schüler Martin Luther einen freundschaftlichen Umgang. Die Freundschaft bleibt zunächst bestehen, wohl auch noch, als Martin Luther schon im Kloster ist.
Quelle: Lyndal Roper: Luther. Der Mensch Martin Luther, S. Fischer Verlag – Frankfurt am Main, 2016, S. 62
Am 17. März 1509 schreibt Martin Luther einen weiteren Brief an Johannes Braun, der jedoch bisher lediglich in der lateinischen Sprache vorliegt. (₪) Google Books
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