Die Shortlist und ihre Tücken
Die „heiße“ Herbstzeit in der Buchbranche hat seit der Bekanntgabe der Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2015 begonnen .
Sechs Autoren dürfen sich freuen. Sie haben es geschafft, auf die Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreis zu kommen
.
Vierzehn Schriftsteller werden diesen Preis auf keinen Fall mehr bekommen. Davon betroffen sind
:
Alina Bronsky:
„Baba Dunjas letzte Liebe“,
Kiepenheuer & Witsch
, August 2015
Ralph Dutli:
„Die Liebenden von Mantua“,
Wallstein
, August 2015
Valerie Fritsch:
„Winters Garten“
,
Suhrkamp Verlag
, März 2015
Heinz Helle:
„Eigentlich müssten wir tanzen“
,
Suhrkamp
, September 2015
Gertraud Klemm:
„Aberland“
, Literaturverlag DROSCHL, Februar 2015
Steffen Kopetzky:
„Risiko“
, Klett-Cotta Verlag, Februar 2015
Peter Richter:
„89/90“
,
Luchterhand Literaturverla
g
, März 2015
Clemens J. Setz:
„Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“
, Suhrkamp, September 2015
Anke Stelling:
„Bodentiefe Fenster“
,
Verbrecher Verlag
, März 2015
Ilija Trojanow:
„Macht und Widerstand“
,
S. Fischer
, August 2015
Vladimir Vertlib:
„Lucia Binar und die russische Seele“
, Paul Zsolnay, Februar 2015
Kai Weyand:
„Applaus für Bronikowski“
, Wallstein, März 2015
Christine Wunnicke:
„Der Fuchs und Dr. Shimamura“
, Berenberg Verlag, März 2015
Feridun Zaimoglu:
„Siebentürmeviertel“
, Kiepenheuer & Witsch, August 2015
Aber wer sind die sechs Glücklichen? Eine kurze Vorstellung der Autoren und ihre nominierten Romane :
Jenny Erpenbeck: „Gehen, ging, gegangen“
Jenny Erpenbeck, Regisseurin und Schriftstellerin, 48 Jahre alt (geboren am 12.03.1967), Mutter eines dreizehnjährigen Sohnes .
Ihr erstes Werk „Geschichte vom alten Kind“ erschien 1999 in dem damaligen, noch sehr jungen Verlag, Eichborn. Zwei Jahre später wurde sie mit einem der begehrtesten deutschen Literaturpreise beehrt und sie gewann in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Seit 2013 ist sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die jährlich den Georg-Büchner-Preis vergibt. Zwei Theaterstücke von ihr sind zu Beginn der 2000er Jahre uraufgeführt worden: „Katzen haben sieben Leben“ wurde am 30.01.2000 in Graz und „Leibesübungen für eine Sünderin“ am 27.03.2003 in Berlin aufgeführt. Fünf Bücher sind von ihr im Eichborn Verlag erschienen, eins im Galiani Verlag („Dinge, die verschwinden“, 2009) und die letzten beiden Bände sind im Knaus Verlag in der Verlagsgruppe Random House erschienen. Ihr bislang letzter Roman „Gehen, ging, gegangen“ erschien am 31. August 2015 und ist für den Deutschen Buchpreis 2015 nominiert .
Kurz zum Inhalt:
„
Richard, emeritierter Professor, sucht bei den in Berlin gestrandeten
Flüchtlingen
aus
Afrika
Antworten auf Fragen nach dem Umgang mit Verlust und der
Zeit
. Plötzlich schaut …“
Näheres zum Inhalt können Sie hier erfahren (
₪
):
http://www.randomhouse.de/knaus/
Jenny Erpenbeck:
Gehen, ging, gegangen
Roman
352 Seiten
gebunden
erschien: 31.08.2015
Verlag:
Knaus
(Verlagsgruppe Random House)
ISBN 978-3-8135-0370-8
Preis: 19,99 € (D), 20,60 € (A)
Rolf Lappert „ Über den Winter“
Rolf Lappert ist gebürtiger Schweizer, wurde am 21.12.1958 geboren, ist ein Reisender .
Seine ersten beiden Bände erschienen im Jahr 1982, der Roman „Folgende Tage“ und Lyrik „Die Erotik des Hotelzimmers“. Vier Jahre später erschien sein zweiter Lyrikband „Im Blickfeld des Schwimmers“. Der Jugendroman „Pampa Blues“ wurde 2012 im Hanser Verlag veröffentlicht und ab Oktober 2015 ist es im deutschen Fernsehen zu sehen. Von 1997 bis 2001 schrieb er Drehbücher zur Fernsehserie „Mannezimmer“. Insgesamt wurden von Rolf Lappert sieben Romane veröffentlicht, sein letzter Roman „Über den Winter“ im August diesen Jahres. Der Roman hat es auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2015 geschafft .
Kurz zum Inhalt:
„
Lennard Salm ist fünfzig und als Künstler weltweit durchaus erfolgreich. Als seine älteste Schwester stirbt, kehrt er zurück nach Hamburg und in die
Familie
, der er immer entkommen wollte. So schnell wie möglich will er wieder zurück in sein eigenes Leben. Aber was ist das, das…
“
Näheres zum Inhalt können Sie hier erfahren (
₪
):
http://www.hanser-literaturverlage.de/buch/ueber-den-winter/978-3-446-24905-9/
Rolf Lappert:
Über den Winter
Roman
384 Seiten
gebunden
erschien: 24.08.2015
Verlag: Hanser
ISBN
978-3-446-24905-9
Preis: 22,90 € (D), 23,60 € (A)
Inger-Maria Mahlke „Wie ihr wollt“
Inger-Maria Mahlke wurde 1974 in Hamburg geboren .
Neben drei
Romanen hat sie auch ein
Sachbuch
zu einem schwierigen Thema geschrieben: „
Beschwerdemanagement der Polizei: Eine empirische und rechtliche Analyse am Beispiel der Berliner Polizei
“.
Ihr erster Roman „Silberfischchen“ wurde in zahlreichen renommierten Zeitungen und Radiobeiträgen besprochen. „Wie ihr wollt“ erschien im März 2015 und hat es auf die
Shortlist des Deutschen Buchpreises 2015
geschafft
.
Kurz zum Inhalt
:
„
August 1571: Elisabeth I. herrscht in
England
, und Mary Grey, ihre Cousine, ist wütend. Sie ist sechsundzwanzig, kleinwüchsig und hat einen Thronanspruch. Lange schon steht sie unter Hausarrest, da sie ohne Erlaubnis geheiratet hat. Nun ist ihr Ehemann gestorben, und auch sonst sind sie alle tot: ihre Schwester Jane, Katherine und ihr Vater, hingerichtet. Mary Grey will frei sein, einen eigenen Haushalt und
…“
Näheres zum Inhalt können Sie hier erfahren (
₪
):
http://www.berlinverlag.de/buecher/wie-ihr-wollt-isbn-978-3-8270-1213-5
Inger-Maria Mahlke:
Wie ihr wollt
Roman, historischer Roman
272 Seiten
gebunden
erschien: 09.03.2015
Verlag:
Berlin
ISBN
978-3-8270-1213-5
Preis: 19,99 € (D), 20,60 € (A)
Ulrich Peltzer „Das bessere Leben“
Der fast 60-jährige (geboren am 09.12.1956 ), Ulrich Peltzer, ist schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit „Stadtschreiber von Bergen“ (2009/2010), „Heinrich-Böll-Preis“ (2011) und „Marieluise-Fleißer-Preis“ (2015). Sein erster Roman „Die Sünden der Faulheit“ erschien 1987. Sein bisher letzter Roman „Das bessere Leben“ ist auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2015 .
Kurz zum Inhalt:
„
Im 20. Jahrhundert diskutierten, lebten und kämpften junge Menschen an
amerikanischen
Universitäten, in Frankfurt und
Moskau
für eine gerechte Ordnung, für eine bessere Zukunft. Doch die Utopien sind in
Terror
umgeschlagen. Wir leben in einer radikal kapitalistischen Welt, unsere Gegenwart scheint undurchschaubar. Was ist aus unseren Utopien, Sehnsüchten und Träumen geworden?“
Näheres zum Inhalt können Sie hier erfahren ( ₪ ): http://www.fischerverlage.de/buch/das_bessere_leben/9783100608055
Ulrich Peltzer:
Das bessere Leben
Roman
448 Seiten
gebunden
erschien: 23.07.2015
Verlag:
S. Fischer
ISBN
978-3-10-060805-5
Preis: 22,99 € (D), 23,70 € (A)
Monique Schwitter „Eins im Andern“
Die deutsch-schweizerische Schriftstellerin,
Monique Schwitter, geboren am 02.03.1972, veröffentlichte ab 2002 eigene Texte. Ihr erster
Erzählband
„
Wenn’s schneit beim Krokodil
“ wurde 2005 im Literaturverlag Droschl veröffentlicht. Zudem schrieb sie
Anthologien
, die in unterschiedlichen Verlagen veröffentlicht wurden. Von März 2006 bis Juli 2008 präsentierte sie im Rahmen eines literarischen Salons im Schauspielhaus Hamburg einmal im Monat eines ihrer Lieblingsbücher
.
Mit dem Roman
„Eins im Andern“, dass es bis auf die Shortlist des
Deutschen Buchpreis 2015
geschafft hat, beteiligte sie sich schon am diesjährigen
Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb
.
Kurz zum Inhalt:
„
Eines Abends erfährt sie, als sie, statt zu schreiben, nach ihrer ersten
Liebe
googelt, dass er sich aus dem achten Stock gestürzt hat. Vor fast fünf Jahren schon. Sie ist schockiert, ebenso sehr über seinen
Selbstmord
wie über die Tatsache, dass sie ihn gar nicht vermisst hat. Nun hat sie ihn am Hals, stärker als zu Lebzeiten
.
Was ist das, die Liebe? Wieso kann sie kommen und gehen? Wohin geht sie, wenn sie geht? Und was ist eigentlich mit der aktuellen Liebe los? Der sitzt in seinem Zimmer und checkt Mails oder sieht fern
.“
2
Monique Schwitter:
Eins im Andern
Roman
232 Seiten
gebunden
erschien: 04.08.2015
Verlag: Literaturverlag Droschl
ISBN
978-3-85420-969-0
Preis: 19,00 € (D), 19,00 € (A)
Frank Witzel „ Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 “
Frank Witzel, der 1955 geboren wurde, hat sich in der Vergangenheit immer wieder Mal sich mit der deutschen jüngeren Geschichte beschäftigt. Sein vorletztes Buch heißt „Die Bundesrepublik Deutschland“. Es erschien 2009 im Nautilus Verlag .
Er ist ein vielseitiger Künstler, der sich gerne mit Malerei (vor allem
Illustration und
Comic
) und Musik beschäftigt. Er spielt Piano, seine Musik ist überwiegend Instrumental. Seine
Musik
kann man auf seiner Website sich anhören
(
₪
)
:
http://www.frankwitzel.de/musik_musik.html
Sein Roman
„
Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ hat viele positive Kritik
geerntet und hat es auf die Shortlist Deutscher Buchpreis 2015 geschafft.
Kurz zum Inhalt:
„
Gudrun Ensslin eine Indianersquaw aus braunem Plastik und Andreas Baader ein Ritter in schwarzglänzender Rüstung? Die Welt des kindlichen Erzählers dieses mitreißenden Romans, der den Kosmos der alten BRD wiederauferstehen lässt, ist nicht minder real als die politischen Ereignisse, die jene Jahre in Atem halten und auf
“
Näheres zum Inhalt können Sie hier erfahren (
₪
):
http://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/die-erfindung-der-roten-armee-fraktion-durch-einen-manisch-depressiven-teenager-im-sommer-1969.html
Frank Witzel:
Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969
Roman
800 Seiten
gebunden
erschien: 23.02.2015
Verlag:
Matthes & Seitz Berlin
ISBN
978-3-95757-077-2
Preis: 29,90 € (D), 30,80 €
Was soll man von dieser Shortlist halten?
Die Meinungen darüber klaffen auseinander: die einen sind enttäuscht, weil ihrer Ansicht nach die
Longlist vielversprechend war und sie in der Shortlist ihre Favoriten nicht wiederfinden, die anderen sehen schon einen Favoriten, besser gesagt, eine Favoritin: Jenny Erpenbeck. In ihrem Roman wird die Flüchtlingsproblematik angesprochen und damit trifft sie den Zeitgeist. Falls sie den begehrten Deutschen Buchpreis bekommen sollte, dann ist es wohl vor allem auf den Inhalt zurückzuführen und weniger auf ihr literarisches Können
.
In der Vergangenheit hat die Jury überwiegend die Schriftsteller gekürt, die sich mit der deutschen Vergangenheit beschäftigt haben, vor allem in den letzten Jahren war dies sehr auffällig. Fast alle Preisträger beschäftigten sich mit der Wende,
Mauerfall
und ähnlichem, wie Uwe Tellkamp „Der Turm“ oder wie im vergangenen Jahr Lutz Seiler mit „Kruso“. Arno Geiger, der als erster den Preis erhielt (2005), hat in seinem Roman „Es geht uns gut“ das
Dritte Reich
und die Folgen zum Inhalt. Es ist zu befürchten, dass sich die Jury nicht für Frank Witzel entscheiden wird, obwohl er die deutsche Geschichte auf seine Art und Weise beschreibt. Das wird ihnen zu sehr außerhalb des Mainstreams über die RAF
sein
.
Der starke
historische Roman
„Wie ihr wollt“ von
Inger-Maria Mahlke
wird wahrscheinlich ebenfalls nicht gekürt werden, da es sich um die
englische
Vergangenheit handelt
.
Man kann durchaus den Schluss ziehen, dass die Wahl der Preisträger einseitig ist und es nicht allein auf literarische Fertigkeiten ankommt sondern der Schwerpunkt liegt auf Inhalte, aber zum einen hat die Jury in diesem Jahr 167 eingereichte Romane gelesen, zum anderen haben sie 2013 die Literaturwelt überrascht.
Terézia Mora wurde mit ihrem Roman „Das Ungeheuer“ Preisträgerin.
Die Zeit
veröffentlichte am 19.09.2013 eine Rezension mit dem Fazit: „als Figur bleibt er starr und immer etwas dümmer als die Autorin selbst. Deshalb geht das Konstrukt des Romans nicht auf.“
4
Das politische Magazin Cicero (vom 08.10.2013, Frauke Meyer-Gosau) sah das ganz anders: „So meisterlich und tief beklemmend hat Terézia Mora ihren Roman bis an diesen Punkt vorangetrieben, dass kein Zweifel bleibt, dass wir hier Kopp auf seiner letzten Reise sehen.“
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Ähnlich klingt es auch in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung
vom 06.09.2013, verfasst von Hubert Spiegel: „Terézia Mora hat ein großes, ein zutiefst humanes Buch geschrieben über das Ungeheuer und seine vielen Gesichter.“
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Als 2013 die Shortlist erschien, kamen seitens der Medien unter anderem folgender Kommentar:
Der Spiegel
: „Ein typisches Stilmittel Schmidts, die zweigeteilte Buchseite, findet sich unerwarteter Weise in Terézia Moras ebenfalls auf der Shortlist stehendem Roman „Das Ungeheuer“.“
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Man erwartete, dass auf der Shortlist der Roman „F“ von Daniel Kehlmann
erscheinen würde. Diese Erwartung wurde damals nicht erfüllt.
Es bleibt spannend, wer dieses Mal den Preis bekommen wird.
Wir gratulieren an dieser Stelle allen sechs Autoren und Autorinnen, dass sie es auf die Shortlist geschafft haben. Am 12. Oktober 2015 werden wir alle mehr wissen .
– Corinna Klein –
© read MaryRead
► Literaturpreise 2015
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http://www.buchkatalog.de/kod-bin/isuche.cgi
4
Katharina Döbler:
Aneinander vorbei
, Die Zeit, 19.09.2013, abgerufen am 17.03.2016
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Frauke Meyer-Gosau:
„Das Ungeheuer“
, Cicero, 08.10.2013, abgerufen am 17.03.2016
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Hubert Spiegel:
Der einsamste Mann auf dem Kontinent
, FAZ, 06.09.2013, abgerufen am 17.03.2016
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Sebastian Hammelhle: Buchpreis-Shortlist:
S wie Sensation, Ü wie Überraschung
, Der Spiegel, 11.09.2013, abgerufen am 17.03.2016